Jetter Haus

Beeindruckend ist das schöne, denkmalgeschützte Jetter – Haus, ein ehemaliges Bauernhaus im Ortskern von Dürrwangen. Während seiner aktiven Jahre betrieb der im Januar 2001 verstorbene Gottlieb Jetter mit seiner Ehefrau Maria (1921 – 1989) in diesem Haus eine Land- und Forstwirtschaft. In seinen Mußestunden malte er. Seine Bilder hängen nicht nur in vielen Dürrwanger Wohnungen, sondern weitum im Land.

Das Haus besticht durch seinen originalen Erhaltungszustand. Die alten Türen und Tore sind geblieben. Die Jahreszahl 1849 über dem Zugang zum ehemaligen Pferdestall weist auf das Baujahr hin. Das verschlungene Monogramm CL, im sandsteinernen Türsturz der Haustüre eingraviert, gibt Hinweis zum Bauherrn. Dabei handelt es sich um den Bauern Christian Luippold, geboren am 25. November 1827, gestorben am 18. Januar 1894. Sein Selbstbewusstsein kommt nicht zuletzt durch den zweiflügeligen portalartigen Hauseingang zum Ausdruck, wie er außer am ehemaligen Dürrwanger Rathaus nirgendwo anders im Ort vorkommt. Seine Scheunen, Ställe und drei gewölbte Keller unter dem Haus lassen ahnen, dass er wohlhabend war. Er durfte zu seiner Zeit der vermögendste Bauer in Dürrwangen gewesen sein. Seine noch vorhandene Nachlassakte hat die Stärke eines Buches. Darin ist auch vermerkt, dass er Geld gegen Zinsen an Kreditnehmer verliehen hatte. Christian Luippold war zweimal verheiratet. Seine erste Ehefrau Katharina geb. Didra (1828 – 1869) hat ihm in 20 Ehejahren elf Kinder geboren, wovon sechs das Erwachsenenalter erreichten. Sie starb mit 41 Jahren. Die wohl älteste Fotografie, die in Dürrwangen überliefert ist, zeigt dieses Ehepaar. Die Aufnahme durfte nicht allzulang vor ihrem Tod entstanden sein, als sie um die 40 war. Sie erscheint als alte Frau, sowohl ihre dunkle Kleidung als auch schwere körperliche Belastungen, die ihr auferlegt waren, erwecken diesen Eindruck. Nach ihrem Tod heiratete Christian Luippold Johanna Neher (1844 – 1912). Sie stammte aus dem Hause gegenüber, das dort stand, wo sich heute der Dorfplatz befindet und das sich später im Eigentum von Schreinermeister Konrad Zimmermann befand. Christian Luippolds älteste Tochter war damals bereits mit dem Bruder seiner zweiten Frau verheiratet. Von drei Kindern aus der zweiten Ehe erreichte nur der Sohn Gottlieb (1870 – 1946) das Erwachsenenalter. Er war Kaufmann und zog schon in jungen Jahren nach Nürnberg, wo er sich in verschiedenen Branchen in der Selbstständigkeit umtat. Die Kinder aus erster Ehe ließen sich in Dürrwangen und Stockenhausen nieder und betrieben jeweils eigene Landwirtschaften. Gottlieb war wohl der Liebling seines Vaters.

Nach dessen Tod im Jahr 1894 erbte er das Haus und verkaufte es an Johannes Rau (1858 – 1925). Seine Mutter behielt das Wohnrecht in der unteren Stube des Hauses. Sie starb 1912. Johannes Rau, der neue Besitzer, war der Sohn vom langjährigen Schultheiss von Dürrwangen, Andreas Rau (1821 – 1891), dem Bruder von Gottlieb Rau (1816 – 1855), Freiheitskämpfer von 1848. Die Tochter von Johannes Rau, Marie (1897 – 1985), als Erbin des Hauses, heiratete Martin Jetter (1892 – 1956) aus Laufen. Sie sind Eltern von Hans Gottlieb Jetter (1922 – 2001), wie der letzte Bewohner des Hauses mit vollem Namen hieß. Sein Sohn, Architekt Werner Jetter, bekam den anspruchsvollen Auftrag, sein Elternhaus, nun im Besitz des Schwäbischen Albvereins, sensibel und einfühlsam umzunutzen. Unter weitestgehender Schonung der alten Bausubstanz ist ihm dies hervorragend gelungen, wobei das Denkmalamt ebenfalls eingeschaltet war. Die Vorstellungen kamen von Manfred Stingel, dem Mentor und Motor des Vorhabens, um das Schwäbische Kulturzentrum, das er auf die Beine stellte und das beengt im ehemaligen Dürrwanger Rathaus nebenan bereits bestand, zu erweitern. Im übrigen ist Manfred Stingel ein Urgroßneffe von Johannes Rau, der das Haus einst erworben hatte. Man könnte somit sagen, alles bleibt in der Familie. Gottlieb Luippold, der das Haus aus der Hand gab, hatte später keine Beziehungen mehr nach Dürrwangen. Er starb 1946 in Beilngries in der Oberpfalz, wohin er mit seiner Ehefrau wegen der Bombardierungen auf Nürnberg im Zweiten Weltkrieg ausgewichen waren. Seine Geschwister waren ihm gram wegen der ungleichen Erbverteilung. Die Nachkommenschaft  der Kinder des Christian Luippold aus erster Ehe ist zahlreich und weit verzweigt. Doch gibt es keine Nachkommenschaft aus seiner Sippe, die noch den Namen Luitpold trägt. Daher durfte manchem Abkömmling seine Herkunft nicht bekannt sein. Der Familienname Luippold kommt landauf, landab häufig vor. Doch alle Träger dieses Namens stammen nicht von ihm ab.

Hans Kratt